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Die Aufregung im Labor steigt

Im Labor herrscht im Moment eine sehr gespannte Stimmung, eine Art Aufbruchsstimmung. Seit Oktober letzten Jahres ist nun klar, dass wir künftig auch Nabelschnurgewebe konservieren werden, um daraus sogenannte mesenchymale Stammzellen zu gewinnen.

Mesenchymale Stammzellen (MSC) sind adulte Stammzellen, die im Gegensatz zu embryonalen Stammzellen aus verschiedenen menschlichen Geweben gewonnen werden können, zum Beispiel aus Fettgewebe, Nabelschnur oder Knochenmark. Jetzt sind die Kollegen richtig ungeduldig, wann es denn nun endlich damit losgeht. Noch warten wir jedoch auf die behördliche Herstellungserlaubnis, also die Genehmigung, um werdenden Eltern diese Zusatzleistung anbieten zu können.

Doch wie funktioniert das Einfrieren einer Nabelschnur?

Der Prozess beginnt natürlich schon in der Geburtsklinik: Nachdem das Neugeborene abgenabelt wurde, wird erst das Nabelschnurblut in einem Beutel aufgefangen. Diese Prozedur ist in den deutschen Kreißsälen ja mittlerweile schon Standard.

Neu wird sein, dass anschließend ein möglichst großes Stück der Nabelschnur auf Plazentaseite abgetrennt und zusammen mit dem Nabelschnurblut in unser Labor geschickt wird. Bis über einen halben Meter lang kann eine Nabelschnur sein und je mehr wir davon zur Konservierung bekommen, desto größer ist später die Ausbeute an mesenchymalen Stammzellen.

Was sind eigentlich mesenchymale Stammzellen?

Mesenchymale Stammzellen findet man hauptsächlich in der Whartonschen Sulze im Inneren der Nabelschnur. Sie sind hochinteressant für die Medizin, denn sie haben die Fähigkeit, sich in Knochen, Muskeln oder Knorpel zu entwickeln. Sie sind jung und unbelastet und daher sehr gut für eine spätere medizinische Anwendung im Bereich des sog. Tissue Engineering, also der Herstellung von Ersatzgeweben, geeignet.

Und noch eine weitere Eigenschaft macht sie so interessant: Sie eignen sich offenbar besonders gut, um Abstoßungsreaktionen zu unterdrücken, wie sie beispielsweise nach einer Organ- oder Stammzelltransplantation mit fremden Spendern auftreten. Um das genauer zu untersuchen, haben wir gerade ein Forschungsprojekt mit der Universität Leipzig gestartet, zu dem ich in einem zweiten Artikel mehr schreiben werde.

Die Herausforderung: Keime

Es hat uns im Labor einiges an Entwicklungsarbeit gekostet, das ganze Verfahren von der Abnahme in der Klinik bis zum Einfrieren zu perfektionieren, denn die Konservierung einer ganzen Nabelschnur ist noch einmal ein ganzes Stück komplexer als etwa „nur“ des Nabelschnurbluts.

Die größte Herausforderung ist dabei die Ansiedlung von Keimen – die Geburt ist nun einmal kein steriler Prozess. Damit das aber später keine Auswirkung auf die Qualität der Stammzellpräparate hat, haben wir lange nach Möglichkeiten gesucht, die Keimbelastung schon während des Transports zu minimieren. Wir verwenden nun eine spezielle Transportlösung, in die die Geburtsärzte die Nabelschnur direkt nach der Abnahme einlegen. In unserem Labor angekommen, wird die Nabelschnur noch einmal gründlich desinfiziert, gereinigt und gewaschen, um auch die letzten Keime von der Schnur zu entfernen.

Nabelschnurblut und Nabelschnur: Beide können nur mit Gefrierschutzmittel kryokonserviert werden

Die zweite große Frage war: Wie schaffen wir es, die Nabelschnur einzufrieren, ohne dass die Zellen Frostschäden bekommen? Denn wie immer bei Gefrierprozessen entstehen auch bei der Konservierung der Nabelschnur Eiskristalle, die die Zellmembranen schädigen können. Um das zu verhindern, wird das Nabelschnurgewebe zerkleinert und mit dem Gefrierschutzmittel DMSO (Dimethylsulfoxid), das wir auch bei der Konservierung des Nabelschnurbluts verwenden, versetzt. Anschließend werden die Nabelschnur-Teile in einem speziellen Gefrierbeutel, geschützt durch eine Alukassette, bei etwa -180 Grad Celsius eingefroren.

Bis es schließlich soweit ist, durchlaufen alle Labor-Mitarbeiter noch eine Reihe von Schulungen. Die Spannung steigt weiter. Ich halte Sie auf dem Laufenden.

(Stefanie Jahr)