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Mikrochimärismus: Die ganz besondere Verbindung zwischen Mutter und Kind

Am 14.05. ist Muttertag

Am 14. Mai 2017 heißt es „Danke Mama! Du bist die Beste!“. Es ist wieder einmal Muttertag mit seinen liebgewonnenen Ritualen: Bunte Blumensträuße, dicke Schmatzer und Selbstgebasteltes werden verschenkt. Schon immer wurde die weibliche Gabe, Leben zu geben, verehrt. Ein Fruchtbarkeitskult lässt sich bereits in der Steinzeit nachweisen. Als wunderschöner Beleg dafür gilt die „Venus von Willendorf“, die ein unbekannter Künstler vor beinahe 30.000 Jahren fertigte. Die Tradition des heutigen Muttertages jedoch stammt aus den USA. Anna Marie Jarvis lud am 12. Mai 1907 in Grafton (West Virginia/USA) zu einem „Memorial Mothers Day Meeting“ ein. Es handelte sich bei diesem Datum um den Sonntag nach dem zweiten Todestag ihrer Mutter. Als Zeichen für die besondere Liebe zu ihrer Mutter ließ Reeves Jarvis in der Kirche 500 weiße Nelken an andere Mütter in der Kirche austeilen. Bereits im darauffolgenden Jahr etablierte sich der zweite Sonntag im Mai als Datum für den Muttertag.  

Mittlerweile wird der Muttertag weltweit begangen und feiert die enge Verbindung zwischen Mutter und Kind: Jungen und Mädchen, große und kleine Kinder, Ehemänner und Ehefrauen nutzen die Gelegenheit und bedanken sich für die alltäglich von Müttern geleisteten kleinen und großen Aufgaben: Trösten, Kuscheln, Kochen, Backen, Basteln, Waschen, Toben, Spielen, Lernen, Zuhören, Dasein, …  

 

Die Menschheit: Wir alle sind Mutter-Kind-Mischwesen

Neun Monate trägt eine Frau das Kind im Bauch – schützt es und versorgt es über die Nabelschnur. Die 50 bis 60 Zentimeter lange Nabelschnur ist eine Meisterleistung der Natur und für das Ungeborene buchstäblich die Lebensader und Verbindung zur Außenwelt. Doch das Band zwischen Mutter und Kind ist noch viel, viel inniger. Wie eng diese Beziehung tatsächlich ist, das entdeckten Forscher erst in den letzten Jahrzehnten, denn jedes Kind trägt unabhängig von der DNA immer ein kleines Bisschen Mama in sich und die Mutter auch immer etwas von ihrem Kind. Diese besondere Verbundenheit besteht ein Leben lang und sogar darüber hinaus. Wie ist das möglich? Die Fachwelt hat dafür den Begriff Mikrochimärismus geprägt. Diesem sehr wissenschaftlich klingenden Phänomen wohnt ein ganz besonderer Zauber inne.

Fast alle Kulturen der Welt kennen in ihren mythologischen Sagen geheimnisvolle Fabelwesen: Das Flügelpferd Pegasus, die Sphinx als Mischwesen zwischen Frau und Löwe oder die Meerjungfrauen sind nur einige Beispiele für Chimären. Wissenschaftler können nachweisen, dass das Phänomen keine Fiktion, sondern Realität ist. Jeder Mensch ist eine Mutter-Kind-Chimäre. Der Chimärismus existiert damit tatsächlich.

 

Jenseits der Gene

Von unserer Mutter können wir die Nase und Mundpartie, unsere Haarfarbe oder die Art zu lachen geerbt haben. Doch wir tragen noch viel mehr von unserer Mutter in uns. Nicht alle der 100.000 Billionen Körperzellen stammen nämlich von uns selbst. Einige wenige Zellen sind mütterlichen Ursprungs. Doch auch jedes Kind gibt seiner Mutter ein paar Zellen mit auf den Weg. Auf 100.000 eigene Zellen kommt schätzungsweise eine Hand voll fremder Zellen. Welche Aufgaben übernehmen sie? Sind sie fleißige Helfer oder kann von ihnen auch eine Gefahr ausgehen? Diesen und noch vielen anderen Fragen gehen Wissenschaftler nach. Ihre bisherigen Erkenntnisse überraschen.

 

Alleskönnerzellen schützen das Ungeborene

Während der Schwangerschaft gelangen kindliche Zellen in den Organismus der Mutter und umgekehrt. Lange Zeit galt die Blut-Plazenta-Schranke als unüberwindbare Barriere für Zellen. Sie lässt in der Regel nur kleinste Partikel wie Nährstoffe, Sauerstoff und manche Medikamente durch. Körperzellen sind im Normalfall viel zu groß. Diese strikte Trennung des Blutkreislaufs von Mutter und Kind macht Sinn. Sie schirmt das Kind im Mutterleib vor dem mütterlichen Immunsystem ab, denn normalerweise sieht die „Körperpolizei“ alle fremden Zellen als Eindringlinge an und attackiert sie. Der Fötus würde so abgestoßen und könnte sich nicht entwickeln.

Stammzellen sind die Bausteine des Lebens. Aus der befruchteten Zygote, der Urstammzelle, entsteht innerhalb von neun Monaten das „Wunder des Lebens“ – nämlich ein kompletter, kleiner Mensch.

Forscher vermuten zwei mögliche Quellen für die kindlichen Zellen. Einerseits kommt das Fruchtwasser in Frage. Dort konnten Münchner Wissenschaftler 2003 pluripotente Stammzellen nachweisen und fragten sich, wozu diese Alleskönnerzellen nützlich sein könnten. Andere Wissenschaftler sehen den Ursprung der kindlichen Zellen in den Zellen des Trophoblasten. Diese Zellart entwickelt sich am Anfang der Schwangerschaft, wenn sich der Embryo in die Gebärmutterschleimhaut einnisten muss. Aus dem Trophoblast entstehen die Plazenta sowie die Fruchthülle. Das Gewebe bildet auch die äußere Hülle der Blut-Plazenta-Schranke. Es ist gut vorstellbar, dass diese kindlichen Zellen nicht nur in die Gebärmutterschleimhaut einwandern, sondern im kompletten, mütterlichen Organismus auf Wanderschaft gehen. Ihre Aufgabe könnte es sein, dass sie die Toleranz des mütterlichen Immunsystems gegenüber dem eigenen Nachwuchs trainieren sollen.

 

Kleiner Schutzengel an Bord: Auch Mama profitiert von den kindlichen Stammzellen

Damit wäre ihre Aufgabe nach der Geburt eigentlich erledigt. Sie könnten absterben. Doch warum sind die kindlichen Zellen selbst Jahrzehnte später im Blut der Mutter nachweisbar? Auch dafür haben die Experten eine Erklärung. Zunächst geht die Wissenschaft davon aus, dass das Kind keine ganz normalen Körperzellen auf Reisen schickt. Es handelt sich um Stammzellen – also jene Alleskönnerzellen, die sich teilen und zu verschiedenen Zellarten ausdifferenzieren können. Bei der asymmetrischen Teilung erbt eine der Tochterzellen die kompletten Eigenschaften der Mutterzelle. Sie bleibt damit Stammzelle. Die zweite Tochterzelle tritt in die nächste Phase ein und entwickelt sich zu einer Vorläuferzelle weiter. Sie verliert damit zwar das unbegrenzte Vermehrungspotential, kann aber kaputte oder zu alte Zellen ersetzen.

Genau hierin könnte der Schlüssel für die kindlichen Zellen liegen. Das Kind braucht die Mutter zum Überleben. Zumindest in den ersten Lebensjahren ist Mama einfach die beste Lebensversicherung. Die kindlichen Stammzellen könnten helfen, Schäden im mütterlichen Gewebe zu reparieren und so dafür sorgen, dass Mama möglichst lange lebt. Das Kind wäre damit für Mama eine Art kleiner Schutzengel. Eine wunderbare Vorstellung!

 

Kindliche Stammzellen könnten Reparaturaufgaben unterstützen

Studien konnten belegen, dass sich die kindlichen Stammzellen überall dort besonders häufig finden, wo es zu Verletzungen gekommen ist. So finden sie sich in relativ großer Anzahl beispielsweise bei Hautwunden, die schnellstens geschlossen werden müssen. Im Mausexperiment zeigte es sich außerdem, dass sich die kindlichen Stammzellen an kaputte Herzzellen der Mutter anheften und dort zu glatten Herzmuskelzellen oder anderem Herzgewebe ausdifferenzieren. Die Forscher wissen allerdings noch nicht, wie groß der Effekt in Anbetracht der recht geringen Anzahl an kindlichen Zellen tatsächlich ist.

Doch es gibt weitere Hinweise für positive Wirkungen. Wissenschaftlern gelang beispielsweise der Nachweis eines Zusammenhanges zwischen gefundenen, kindlichen Stammzellen und Alzheimer-Demenz oder Brustkrebs. Bei Frauen mit Brustkrebs wurden weniger kindliche Stammzellen im Brustgewebe nachgewiesen als bei gesunden Frauen. Bislang ist jedoch unklar, wie dieser Schutzeffekt zustande kommt. Denkbar wäre es jedoch, dass die kindlichen Zellen helfen, die Muttermilch-Produktion anzuregen. Von anderen Studien ist längst bekannt, dass Stillen das Brustkrebsrisiko senkt.

 

Generationsübergreifende Effekte

Die Effekte des Mikrochimärismus sind sogar generationsübergreifend nachweisbar. Normalerweise gibt es Probleme, wenn eine Rhesus-negative Frau ein Rhesus-positives Kind bekommt. Da bei der Blutgruppe der Rhesusfaktor dominant-rezessiv vererbt wird, tritt diese Situation gar nicht allzu selten auf. Wenn die Mutter gegen die Blutzellen des eigenen Kindes Antikörper ausbildet, kann dies jedoch für das Ungeborene dramatische gesundheitliche Folgen haben. Deswegen sind der Antikörpersuchtest sowie notfalls die Anti-D-Prophylaxe heute auch feste Bestandteile der Schwangerschaftsvorsorge.

Allerdings konnten Forscher bereits 1954 beobachten, dass rhesus-negative Frauen, deren Mütter selbst jedoch rhesus-positiv waren, mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit Antikörper gegen ihr rhesus-positives Kind ausbildeten als jene Frauen, deren Mütter ebenfalls die Blutgruppeneigenschaft Rhesus-negativ besaßen. Damals war der gefundene Effekt nicht erklärbar. Heute vermuten Wissenschaftler, dass die mikrochimären Zellen der Mütter im Blut der Tochter letztlich eine Immuntoleranz gegenüber der anderen Blutgruppe aufbauen und so indirekt das Leben der ungeborenen Enkelkinder schützen. 

 

Mikrochimärismus – ein interessantes Forschungsgebiet bei Organtransplantationen und Autoimmunkrankheiten

Ähnliche Toleranz-Effekte können gelegentlich auch bei Organtransplantationen beobachtet werden. Forscher möchten natürlich verstehen, wie es dazu kommt, dass das Fremdgewebe ausnahmsweise nicht vom Körper des Empfängers angegriffen wird. Würde man die Mechanismen hinter dieser Reaktion besser verstehen, wäre es möglich, das Immunsystem vor der Transplantation leichter auf das neue Gewebe vorzubereiten und so womöglich den Patienten eine lebenslange Immunsuppression mit all ihren Nebenwirkungen zu ersparen.

Viele Beobachtungen sprechen für einen positiven Effekt des Mikrochimärismus. Doch jede Medaille hat zwei Seiten. In manchen Fällen stehen die kindlichen Zellen im Verdacht, bei der Mutter Autoimmunerkrankungen zu begünstigen. Wissenschaftler wollen daher ergründen, warum gerade Frauen im gebärfähigen Alter öfters an Hashimoto erkranken. Auch bei Rheuma gibt es Anhaltspunkte, dass Kinderkriegen Nebenwirkungen haben könnte.

 

Vita 34 bleibt seiner Vision treu: Potential der neonatalen Stammzellen für alle nutzbar machen

Vita 34 wird für Sie am spannenden Thema „Mikrochimärismus“ dranbleiben. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler auf diesem Gebiet werden auch den Vita 34-Experten helfen, das Zusammenspiel der verschiedenen Arten von Stammzellen noch besser zu verstehen. So können neue Therapien im Kampf gegen bislang unheilbare Krankheiten gefunden werden. Alle Experten sind sich einig, dass Stammzellen hierbei eine wichtige Rolle spielen. Vita 34 engagiert sich seit zwei Jahrzehnten aktiv in der Stammzellenforschung. Wir informieren Ärzte, Hebammen und Schwangere regelmäßig über die neuesten Erkenntnisse und Studien auf dem Gebiet der Stammzellen.

Die Information der Öffentlichkeit ist ein Baustein, mit dem wir unserem großen Ziel ein Stückchen näherkommen möchten: Jedes Kind soll die Chance auf ein Stammzellendepot bekommen, sodass es im späteren Leben vom großen Potential der Stammzellen profitieren kann. Für den medizinischen Einsatz im Rahmen von Stammzellentherapien sind die jungen und unbelasteten Stammzellen aus der Nabelschnur besonders gut geeignet. Sie sind jung, teilungsfreudig und flexibel. Außerdem weisen die vitalen Stammzellen noch keine Schäden durch Mutationen auf. Diese besonderen Eigenschaften der sogenannten neonatalen Stammzellen lassen sich für die Zukunft bewahren, wenn direkt nach der Geburt die Nabelschnurvene punktiert und das stammzellreiche Nabelschnurblut aufgefangen wird beziehungsweise ein Stück Nabelschnur und damit Nabelschnurgewebe gesichert wird. Der kleine Eingriff ist für Mutter und Kind risikolos und völlig schmerzfrei. Im Labor werden die Stammzellen aufbereitet und für das Einfrieren vorbereitet. Im Kryotank können sie dann für Jahrzehnte verbleiben. Während das Kind heranwächst und älter wird, „verschlafen“ die Nabelschnur-Stammzellen einfach den Lauf der Dinge. Ihnen kann die Zeit nichts anhaben, da bei unter -180° Celsius alle Prozesse in den Zellen zum Erliegen kommen. Bei Bedarf sind die Stammzellen schnell aufbereitet und stehen umgehend für den medizinischen Einsatz zur Verfügung.

Wenn Sie mehr zu den Besonderheiten von Stammzellen oder dem Potential der Nabelschnur erfahren möchten, dann rufen Sie einfach unsere Experten an. Unter 00800 034 00 000 beantworten sie gerne alle Ihre Fragen. Und das nicht nur am Muttertag oder Vatertag, denn für Vita 34 ist das ganze Jahr über „Elterntag“.