Gesundheit

Trisomie-Bluttest für Schwangere als Leistung der Krankenkassen?

Werdende Eltern möchten nur das Beste für den Nachwuchs. Vor allem gesund soll er auf die Welt kommen. Doch was ist, wenn während der Schwangerschaft der Verdacht besteht, dass dies nicht der Fall sein könnte? Viele Paare wollen Gewissheit, denn manche sehen sich außer Stande, ein behindertes Kind auf seinem Weg durchs Leben zu begleiten. Andere möchten mehr Zeit, sich auf die unerwartete Situation vorzubereiten.

PraenaTest als Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen?

Seit 2012 ist es in der Pränataldiagnostik möglich, mit Hilfe des sogenannten PraenaTest das Blut der Mutter auf kindliche Zellfragmente hin zu untersuchen und so mit recht hoher Treffsicherheit zu bestimmen, ob der Fötus eine Chromosomenstörung wie eine Trisomie 21 (Down-Syndrom), Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) oder Trisomie 13 (Pätau-Syndrom) hat – also ob bestimmte Chromosomen zu häufig vorkommen und schwere kognitive sowie körperliche Beeinträchtigungen verursachen.

Ursprünglich kostete der Bluttest 1.200 Euro und wurde nur von wenigen Pränatalzentren angeboten. Mittlerweile sind die Preise deutlich gesunken. Jedoch werden immer noch zwischen 200 bis 600 Euro fällig. Dieses Geld müssen die werdenden Eltern selbst aufbringen, denn die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bislang nicht die Kosten für den Bluttest.

Wer soll die Leistung in Zukunft bezahlen? In Kürze wird darüber entschieden, ob gesetzliche Krankenkassen die Kosten für einen Bluttest übernehmen.

Nun wurde die Diskussion um Gleichbehandlung und Inklusion erneut angestoßen, da der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Kürze darüber entscheidet, ob die gesetzlichen Krankenkassen künftig die Kosten für den Bluttest bei allen Risikoschwangerschaften zahlen. Da das Gremium lediglich eine medizinische Bewertung der Zulassung solcher Gentests vornimmt, bleiben ethische Fragen zunächst unbeantwortet. Deswegen ist hier auch der Bundestag gefordert, denn er reguliert nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen, sondern bestimmt maßgeblich auch die gesamtgesellschaftliche Debatte mit.

 

Befürworter des Bluttests pochen auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau

Die Befürworter des Tests argumentieren, dass Frauen unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten ein Recht auf Selbstbestimmung haben und wissen sollten, ob sie ein Kind mit Handicap bekommen. Vor dem Bluttest gab es mit der Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) und der Chorionzottenbiopsie (Plazenta-Punktion) nur zwei invasive Verfahren, um eine Behinderung des Kindes relativ sicher auszuschließen. Beide Methoden sind zwar deutlich risikoreicher, denn sie lassen das Fehlgeburtsrisiko ansteigen, sie sind jedoch gesellschaftlich akzeptiert. Von den Testbefürwortern wird es als heuchlerisch empfunden, das risikoreichere invasive Verfahren zu akzeptieren und die Kosten bei Risikoschwangeren zu übernehmen, aber das nicht-invasive Verfahren ohne Risiken für Mutter und Kind abzulehnen.

Auch wenn der PraenaTest zur Regelleistung wird, heißt dies nicht automatisch, dass sich alle Schwangeren entsprechend testen ließen, denn das Recht auf Nicht-Wissen bliebe als Teil des Selbstbestimmungsrechts der Frau unangetastet. Auch heute ist es in der Regel so, dass weitere pränataldiagnostische Verfahren nur dann zum Einsatz kommen, wenn sich Auffälligkeiten beim Kind, beispielsweise im Ultraschall, zeigen und die Eltern wünschen, darüber informiert zu werden.

 

Kritiker des Bluttests befürchten eine Selektion in lebenswertes und nicht-lebenswertes Leben

Die Kritiker des Bluttests befürchten dagegen, dass Kinder mit Behinderung gezielt aussortiert und abgetrieben werden, mit der Folge, dass auch Menschen mit Down-Syndrom stärker stigmatisiert würden. Sie sind der Meinung, dass die Bedingungen für die gesellschaftliche Teilhabe aller – egal ob mit oder ohne Behinderung – verbessert werden müssten. Ein Bluttest könne diese Probleme ganz bestimmt nicht lösen.

Dass solche Ängste nicht ganz ohne Grundlagen sind, belegen vorsichtige, statistische Schätzungen. Fällt der Test positiv aus, entscheiden sich wohl über 90 Prozent der Familien für einen Abbruch der Schwangerschaft – so schätzen jedenfalls Experten die Situation ein. Es ist daher eine gesamtgesellschaftliche Debatte notwendig, dass Vielfalt zum Leben gehört und kein Leben lebenswerter als das andere eingestuft werden darf. Jeder Mensch muss willkommen sein, denn die Würde des Menschen hört keinesfalls auf, nur weil eine Person eine Krankheit oder eine Behinderung hat und daher auf mehr Fürsorge angewiesen ist.

Noch ist nichts beschlossen. Der Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Kritikern wird weitergehen. Das harte Ringen um einen Konsens heute bestimmt die Zukunft unserer Gesellschaft und ihren Umgang mit den Schwachen.