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Gesundheitsvorsorge aus der Nabelschnur

Eine Geburt ist für jeden, der sie miterleben darf, ein wahres Wunder der Natur. Plötzlich ist er da: ein neuer Mensch – aus­gestattet mit allem, was er zum Leben als Vertreter der Gattung Homo sapiens benötigt. Als überflüssig erscheint jetzt lediglich die Nabelschnur am Bauch des Neugeborenen. Sie wird durch­trennt und die Eltern können endlich ihr Baby in die Arme neh­men. In diesem glücklichen Moment dürfte es für alle Beteilig­ten relativ uninteressant sein, dass die nutzlos gewordene Ver­bindung zwischen Mutter und Kind einfach mit dem Klinikmüll entsorgt wird.

Ein Wunderwerk der Natur

Dabei wird kaum ein menschliches Organ in seiner Bedeutung so unterschätzt wie die Nabelschnur. Schon die Bezeichnung „Schnur“ ist eine Untertreibung, denn bei einer Länge von 40 bis 60 und einem Umfang von zwei bis drei Zentimetern erinnert sie eher an einen kurzen Schlauch. Und der ist ebenso ein Wunderwerk der Natur wie der gesamte Geburtsvorgang. Ein schützendes Häutchen umgibt festes Bindegewebe, die so ge­nannte Wharton’sche Sulze, in die drei Blutgefäße eingebettet sind: zwei Arterien und eine Vene. Deren Aufgaben haben sich mit der Geburt erledigt, aber trotzdem bleibt die Nabelschnur auch nach der Abtrennung ein wertvoller Fundus für das künf­tige Leben des Neugeborenen. Sowohl Blut als auch Gewebe enthalten nämlich junge, vitale Stammzellen, die sich einfrieren lassen und selbst nach vielen Jahren „Dornröschenschlaf“ den Rohstoff für möglicherweise lebensrettende medizinische The­rapien bilden.

Stammzellen mit großem Potential

Die so genannten hämatopoetischen Stammzellen, die sich im Nabelschnurblut befinden, haben die Fähigkeit, sich selbst zu erneuern und dabei jede Art von Blutzellen zu bilden. Durch diese Eigenschaft ist Nabelschnurblut nicht nur für die Behand­lung von Bluterkrankungen interessant. Nach Chemotherapien bei verschiedenen Krebserkrankungen können zum Beispiel auch das blutbildende System und das Immunsystem wieder­hergestellt werden.

Ebenfalls medizinisch nutzbar, aber mit einem ganz anderen Aufgabenspektrum, sind die mesenchymalen Stammzellen (MSCs) aus dem Nabelschnurgewebe. Diese Zellen, die sich nach der Geburt völlig schmerzlos für Mutter und Kind in hoher Anzahl isolieren lassen, haben eine besonders faszinierende Fähigkeit: Sie können sich zu Fettzellen, Knorpelzellen oder Knochenzellen entwickeln und bieten deshalb ein umfangrei­ches Potenzial für Anwendungen in der regenerativen Medizin. Wissenschaftler arbeiten auf der Basis dieser MSC-Eigen­schaften z. B. an Therapien zur Erneuerung von beschädigtem Knorpel- oder Knochengewebe. Damit wird es auch neue Per­spektiven für die Betroffenen von Volkskrankheiten wie Arth­rose geben.

Sowohl Blut als auch Gewebe enthalten nämlich junge, vitale Stammzellen, die sich einfrieren lassen und selbst nach vielen Jahren „Dornröschenschlaf“ den Rohstoff für möglicherweise lebensrettende medizinische The­rapien bilden.

Für die Zukunft vorgesorgt

Stammzell-Therapien sind seit Jahren in aller Welt ein zentrales Thema wissenschaftlicher Forschung und klinischer Studien. Das medizinische Potenzial von Nabelschnur-Stammzellen, die heute in flüssigem Stickstoff bei -196°C eingefroren werden, ist also längst noch nicht ausgeschöpft, sondern wird sich in den kommenden Jahren Schritt für Schritt erweitern.