Gesundheit

Postpartale Depressionen sind nicht selten

„Eigentlich müsste ich jetzt doch total glücklich sein!“ Wenn manche Mütter nach der Geburt ihres Kindes in ein tiefes Stimmungstief fallen, ist das für sie selbst meist nicht erklärbar. Durchschnittlich jede zehnte Frau, so die Auswertung einer aktuellen Studie des University College in London, entwickelt im ersten Jahr nach der Entbindung eine Depression oder leidet zumindest an depressiven Symptomen. Diese Untersuchungsergebnisse liefern den Betroffenen zunächst einmal die wichtige Erkenntnis, dass sie nicht allein mit ihrem Problem sind.

Außerdem zeigt sich in den meisten Fällen: Es geht wieder vorbei. Am häufigsten taucht das Phänomen nämlich in den ersten zwei Monaten nach der Geburt auf. Das deutet nach Einschätzung der Londoner Gesundheitsforscher auch darauf hin, dass Ärzte die Beschwerden inzwischen früh einordnen können.

Jede zehnte Frau laut einer Studie betroffen

Die Studie, für die eine große britische Hausarztdatenbank ausgewertet werden konnte, liefert erstmals umfangreiches Datenmaterial zum Erkennen und zur Behandlung der postnatalen Depressionen. Danach bekamen zwölf Prozent der mehr als 200.000 Mütter, deren Symptombeschreibungen, Diagnosen und Medikamentenverordnungen erfasst wurden, Antidepressiva verschrieben, drei Prozent erhielten eine Psychotherapie. In vielen Fällen offenbarte die Auswertung der Daten allerdings auch eine Vorgeschichte: Bei fast einem Drittel aller betroffenen Mütter gab es bereits vor der Geburt mindestens einmal einen Vermerk zu Depressionen oder depressiven Symptomen.

Nicht überraschend ist die Tatsache, dass offensichtlich auch die Lebenssituation eine Rolle spielt. Junge Mütter im Alter von 15 bis 19 Jahren leiden doppelt so häufig unter Depressionen wie solche, die zwischen 30 und 34 ihr Kind bekommen. Und ein geringerer sozialer Status vergrößert das Risiko ebenfalls, ganz unabhängig vom Alter der Frauen und weiteren Faktoren. Eine deutsche Studie mit thematisch ähnlichem Ansatz lässt darüber hinaus vermuten, dass sich auch tradierte und von außen herangetragene Mutterschaftsideale auf das mentale Wohlbefinden auswirken. Hier könnte, so die Forscher, schon ein Ausbau der Kinderbetreuungssysteme den Frauen helfen, dem oftmals empfundenen Spagat zwischen eigenen Ansprüchen, den Bedürfnissen des Kindes sowie den sozialen Erwartungen des Umfeldes gerecht zu werden. Vereinbarungs- und Entlastungsmaßnahmen spielen danach eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der psycho-emotionalen Lebensbedingungen von Müttern.