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Es dampft und zischt und brodelt

Es fühlt sich ziemlich seltsam an, als ich eine rote Rose in den Styroporbehälter mit flüssigem Stickstoff tauche. Was aussieht wie Wasser ist fast -200 Grad kalt und doch scheint der Blütenkopf in der Flüssigkeit zu kochen. Ein paar Sekunden später halte ich eine Eisblume in der Hand, die zerspringt wie Glas, als ich sie nur ganz leicht auf den Tisch schlage. Das ist Wissenschaft zum Anfassen!

Rund 3.000 Besucher sind am Freitag Abend in die Bio City in Leipzig gekommen, um bei der Langen Nacht der Wissenschaften neben vielen weiteren spannenden Angeboten unsere Experimente mit Stickstoff zu bestaunen. Stickstoff spielt bei uns eine ganz entscheidende Rolle – immerhin konservieren wir Nabelschnurblut mit Hilfe von Stickstoff.

Egal, ob 7 oder 70 Jahre alt – als sich beim ersten Experiment des Abends ein Luftballon wie durch Zauberhand erst zusammenzieht und dann von allein wieder aufbläst, treten alle vor Ehrfurcht und Erstaunen erst einmal einen Schritt vom Tisch zurück. Dabei ist die Erklärung denkbar einfach: Der Ballon enthält ganz normale Luft. Die besteht zu 21 % aus Sauerstoff und zu 78 % aus Stickstoff.

Als unser Herstellungsleiter Dr. Dietmar Egger diesen aufgeblasenen Luftballon in flüssigen, fast -200 Grad kalten Stickstoff taucht, kondensieren beim Abkühlen der Sauerstoff und Stickstoff im Ballon. Der Ballon schrumpft mit einem knisternden Geräusch zusammen und darin zurück bleibt sozusagen flüssige Luft. Eine Minute später nimmt er den schrumpeligen Luftballon aus seinem Bad und lässt ihn auf den Tisch fallen. Innerhalb weniger Sekunden bekommt der Ballon seine ursprüngliche Form zurück. Die Erklärung: die flüssige Luft verdampft beim Erwärmen wieder und dehnt sich aus. Ein cleverer 10-Jähriger fragt, ob man dieses Verfahren nicht auch bei ähnlich schrumpeligen Hautfalten anwenden könnte – und hat damit das Gelächter der umstehenden Besucher auf seiner Seite.

Nicht weniger Aufsehen erregend ist es, als Dr. Egger flüssigen Stickstoff in einen Glaskolben füllt und diesen mit einem Pfropfen verschließt. Nur ein dünnes, zwei Meter langes Glasrohr schaut noch oben raus. Plötzlich entleert sich der Kolben mit einem Pfeifen und aus dem Glasrohr strömt eine Dampfwolke. Alle Köpfe gehen nach oben. Was ist passiert? Der flüssige Stickstoff hat sich erwärmt und wird bei -196 °C  gasförmig. Dadurch nimmt er das 650-fache seines ursprünglichen Volumens ein. Der so entstehende Druck im Kolben presst den noch flüssigen Teil des Stickstoffs durch das Glasrohr ins Freie.

Neben diesen spannenden Experimenten haben wir bis gegen 23 Uhr alle Hände voll zu tun, den vielen Besuchern mehr über die Stammzellvorsorge mit Nabelschnurblut zu erzählen und welche Rolle dabei unsere spezielle Einfrierkassette spielt, sie durch unser Gläsernes Labor zu führen und mit Orangensorbet zu erfrischen. Letzteres wird übrigens ganz einfach aus Orangensaft und flüssigem Stickstoff hergestellt, der untergerührt wird und dabei verdampft – ein flüssiger Eiswürfel sozusagen. Für die großen Besucher gibt’s noch einen Schuss Blue Curacao dazu und fertig ist der Cryo Cocktail.

Nach fünf Stunden kommt nur noch Kauderwelsch aus meinem Mund und meine Füße tun weh. Spaß hat es dennoch gemacht und die Experimente sind jedes Mal wieder faszinierend. Mehr Fotos gibt es auf unserer Facebook Seite zu bewundern.

(Frank Schott)