Immunzellen aus Nabelschnurblut als Bestandteil einer Therapie gegen B-Zell-Lymphome
Nabelschnurblut beinhaltet eine Komponente, der seit vergleichsweise kurzer Zeit eine große therapeutische Relevanz zugesprochen wird. Es handelt sich dabei einmal ausnahmsweise NICHT um Stammzellen sondern um die Immunzellen.
Im Nabelschnurblut existieren verschiedene Arten von Immunzellen: B- und T-Lymphozyten, (oft einfach nur als B- oder T-Zellen bezeichnet), natürliche Killerzellen (schlicht als NK-Zellen bezeichnet und ja, sie heißen wirklich so!), sowie Granulozyten (Immunzellen, die Eindringlinge bekämpfen) und dendritische Zellen (Immunzellen, die dem gesamten Immunsystem vermitteln, wer die Eindringlinge überhaupt sind)1,2.
Wichtig für die klinische Forschung sind dabei besonders die T-Zellen und NK-Zellen. Beide Immunzellarten sind nämlich Ausgangspunkt einer ganz neuen Form der Krebstherapie – der CAR-Immunzelltherapie. Diese Therapie nutzt das eigene Immunsystem eines Krebspatienten zur Bekämpfung seiner Erkrankung.
Prinzip der Immunzelltherapie
Dafür werden aus dem Blut des Patienten zuerst alle weißen Blutkörperchen isoliert. Aus der Gesamtheit dieser weißen Blutkörperchen werden in einem weiteren Schritt speziell die T-Zellen (oder NK-Zellen) herausgefiltert.
Mit den T-Zellen oder NK-Zellen allein ist aber noch keine Therapie möglich. Die Zellen müssen zunächst noch eine kleine Veränderung durchlaufen. Dazu wird Ihnen ein kleines Stück genetischer Information eingepflanzt, woraufhin sie nach bereits kurzer Zeit (üblicherweise nach ein paar Tagen) einen künstlichen Rezeptor auf ihrer Zelloberfläche ausstülpen. Dieser künstliche Rezeptor ist der sogenannte chimäre Antigen-Rezeptor (engl.: chimeric antigen receptors), oder kurz CAR. Er ist der Grund, weshalb die veränderten Zellen auch als CAR-T-Zellen (oder CAR-NK-Zellen) bezeichnet werden. Dieser Rezeptor ermöglicht es den CAR-Zellen gezielt bestimmte Krebszellen zu erkennen und, zu attackieren.
Die frisch erzeugten CAR-T-Zellen müssen natürlich erst noch vermehrt werden (einige wenige CAR-Zellen reichen einfach nicht aus), aber dann kann die Krebstherapie beginnen. Der Patient erhält dazu zunächst eine Chemotherapie, die das bestehende Immunsystem abtötet. Anschließend werden die CAR-Zellen in Form einer Transfusion verabreicht. Über den Blutkreislauf des Patienten bekämpfen die CAR-Zellen dann gezielt die Krebszellen3,4.
Mit diesem Verfahren werden bereits Patienten in spezialisierten Kliniken behandelt, beispielsweise auch am Uniklinikum Leipzig. Aktuell werden für die CAR-Therapie aber (noch) ausschließlich Immunzellen aus dem normalen sogenannten „peripheren“ Blut verwendet5,3,6-8. Verschiedene Wissenschaftler versuchen jedoch das Verfahren auch mit Immunzellen aus Nabelschnurblut zu realisieren9-11.
Ein Beispiel aus der Forschunge
Ein Beispiel für eine solche Forschungsanstrengung ist eine Patientenstudie die am renommierten MD Anderson Cancer Center in Houston (Texas, USA) durchgeführt wird. Hier untersuchen Wissenschaftler und Ärzte die Sicherheit und Wirksamkeit von Immunzellen aus Nabelschnurblut als Teil einer Kombinationstherapie zur Behandlung von Patienten mit einer bestimmten Form von Lymphknotenkrebs (ganz genau: rezidivierendes oder refraktäres B-Zell-Lymphom)9.
In der Studie werden 36 Patienten im Alter von 7 bis 80 Jahren behandelt. Diese erhalten zunächst eine Chemotherapie über einen Zeitraum von 3 Tagen. Nach einer Ruhezeit von weiteren 3 Tagen erhalten die Patienten die CAR-Zelltherapie (CAR-NK; wie unter Prinzip der Immunzelltherapie erläutert) auf der Basis von NK-Zellen aus dem Nabelschnurblut eines fremden Spenders9.
Mit der Studie möchten die beteiligten Ärzte folgende Fragen beantworten:
- Wie stark ist die Wirkung der CAR-NK-Zelltherapie?
- Wie lange hält die Wirkung der Therapie an?
- Wie hoch ist die optimale Wirkdosis der CAR-NK-Zellen?
- Was und wie stark sind mögliche Nebenwirkungen?
- Wie lange sind CAR-NK-Zellen im Blutkreislauf der Patienten nachweisbar?
Die Studie läuft bereits seit Juni 2017 und endet voraussichtlich im Juni 20229.
Referenzen
1 Kim Y-J, Broxmeyer HE. Immune regulatory cells in umbilical cord blood and their potential roles in transplantation tolerance. Crit Rev Oncol Hematol. 2011;79(2):112-126. doi:10.1016/j.critrevonc.2010.07.009.
2 Sarvaria A, Basar R, Mehta RS, et al. IL-10+ regulatory B cells are enriched in cord blood and may protect against cGVHD after cord blood transplantation. Blood. 2016;128(10):1346-1361. doi:10.1182/blood-2016-01-695122.
3 June CH, Sadelain M. Chimeric Antigen Receptor Therapy. N Engl J Med. 2018;379(1):64-73. doi:10.1056/NEJMra1706169.
4 National Cancer Institute. CAR T Cells: Engineering Immune Cells to Treat Cancer. https://www.cancer.gov/about-cancer/treatment/research/car-t-cells. Updated December 14, 2017. Accessed March 19, 2019.
5 Novartis Pharma. Novartis receives European Commission approval of its CAR-T cell therapy, Kymriah® (tisagenlecleucel) | Novartis. https://www.novartis.com/news/media-releases/novartis-receives-european-commission-approval-its-car-t-cell-therapy-kymriah-tisagenlecleucel. Accessed February 28, 2019.
6 Maude SL, Laetsch TW, Buechner J, et al. Tisagenlecleucel in Children and Young Adults with B-Cell Lymphoblastic Leukemia. N Engl J Med. 2018;378(5):439-448. doi:10.1056/NEJMoa1709866.
7 Neelapu SS, Locke FL, Bartlett NL, et al. Axicabtagene Ciloleucel CAR T-Cell Therapy in Refractory Large B-Cell Lymphoma. N Engl J Med. 2017;377(26):2531-2544. doi:10.1056/NEJMoa1707447.
8 Schuster SJ, Bishop MR, Tam CS, et al. Tisagenlecleucel in Adult Relapsed or Refractory Diffuse Large B-Cell Lymphoma. N Engl J Med. 2019;380(1):45-56. doi:10.1056/NEJMoa1804980.
9 ClinicalTrials.gov. NCT03056339: Dose Escalation Study Phase I/II of Umbilical Cord Blood-Derived CAR-Engineered NK Cells in Conjunction With Lymphodepleting Chemotherapy in Patients With Relapsed/Refractory B-Lymphoid Malignancies. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03056339?term=%22cord+blood%22%2C+CAR%2C+NK&rank=1. Accessed June 18, 2019.
10 ClinicalTrials.gov. NCT03579927: Immunotherapy With Ex Vivo-Expanded Cord Blood-Derived CAR-NK Cells Combined With High-Dose Chemotherapy and Autologous Stem Cell Transplantation for B-Cell Lymphoma. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03579927?term=%22cord+blood%22%2C+CAR%2C+NK&rank=2. Accessed June 18, 2019.
11 ClinicalTrials.gov. NCT03881774: Clinical Study of Cord Blood Derived CAR-T Cells in Patients With Refractory/Relapsed B Cell Leukemia/Lymphoma Who Are Failed for Autologous CAR-T Cells or Autologous CAR-T Can Not be Prepared. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03881774?term=%22cord+blood%22%2C+%22CAR+T%22&rank=1. Accessed June 18, 2019.